Abschied vom Leben: Sibylle Knauss las in St. Ingbert

Wenn Sibylle Knauss auf ihren Lesereisen in ihre alte Heimat St. Ingbert zurückkehrt, kann sie in der Regel auf Besucherzahlen im dreistelligen Bereich rechnen, denn sie hat eine treue Lesergemeinde. Das war zeigte sich auch wieder der Fall, als sie ihren aktuellen Titel „Der Gott der letzten Tage“ auf Einladung des St. Ingberter Literaturforums (ILF) in der Stadtbücherei vorstellte.
Zunächst führte ILF-Sprecher Jürgen Bost in Leben und Werk der Autorin ein und betonte in seinem Vortrag, dass das literarische Ausleuchten der menschlichen Extremsituation des Sterbens in diesem Text keineswegs resignativ und deprimierend erfolge, sondern durchaus Raum lasse für Gelöstheit und Erheiterung. Sibylle Knauss kündigte ihrerseits an, an diesem Abend vorrangig Passagen mit theologischen Inhalt zu präsentierten.

Foto: Jürgen Bost
„Drei Tage nachdem er gestorben war, wachte er wieder auf“, schreibt sie über ihren Protagonisten, einen evangelischen Pfarrer, der sich ein gewisses Renommee als Sterbebegleiter und Grabredner erarbeitet hatte. Doch nun trifft es ihn selbst, sein Leben neigt sich dem unausweichlichen Ende zu. Dazu kommt noch eine für diese Persönlichkeit durchaus tragische Zuspitzung: „Es hat Gott gefallen, ihn zum Schweigen zu bringen“, denn der moderner Intensivmedizin ausgelieferte Patient ist zur Sprachlosigkeit verurteilt.
Er pendelt hin und her zwischen wachen Momenten und komatösen Phasen und beginnt, während er den Leser am Film seines an ihm vorbeilaufenden Lebens teilhaben lässt, ein gedankliches Zwiegespräch mit Gott. Diesem hat er sein Leben lang treu gedient, und Gott hat ihm tatsächlich auch einiges zu sagen. Das Auditorium folgte diesem Sterbeszenarium mit tiefen Ernst und großer Bewegtheit. Hier hat Sibylle Knauss in der Tat die höchste Stufe literarischer Ausdrucksmöglichkeiten erklommen. Gerade in der beherzten Darstellung einer oft verdrängten Grenzsituation unserer menschlichen Existenz offenbaren sich ihre schriftstellerische Souveränität und die Leichtigkeit ihres Erzählstils.
Im anschließenden Publikumsgespräch ging es begreiflicherweise nicht nur um Hintergründe und Entstehungsgeschichte des Werks. So betonte Sibylle Knauss, dass sie bisher jeden ihrer fünfzehn Romane in St. Ingbert vorgestellt hatte, angefangen mit ihrem Debütwerk „Ach Elise“. Sie verriet den Anwesenden noch, dass sie den „Gott der letzten Tage“ für den Saarländischen Rundfunk im kommenden November vollständig im Rahmen der Reihe „Fortsetzung folgt“ lesen werde.
Zum Abschluss der Veranstaltung dankte ILF-Sprecher Jürgen Bost der Autorin und den zahlreichen Gästen für ihr Kommen und ihre Mitwirkung und kündigte für den Herbst drei weitere Lesungen des St.Ingberter Literaturforums an.

Foto: Jürgen Bost
Sibylle Knauss

So wird am 25. Oktober 2017 im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Autor Wojciech Kuczok in St. Ingbert zu Gast sein, eine außergewöhnliche Lesung, die aufgrund der dramatischen Zuspitzung der politischen Situation in unserem Nachbarland sicher besondere Aufmerksamkeit verdient.
Am 8. November 2017 wird die im Röhrig Universitätsverlag erschienene Anthologie „St. Ingbert – Literatur einer Stadt“ unter Mitwirkung einiger der dort vorgestellten Autoren präsentiert. Schließlich ist am 29. November 2017 die Schriftstellerin Marion Poschmann aus Berlin zu Gast, die vielfach für ihre Lyrik und Prosatexte ausgezeichnet wurde. Sie stellt ihren aktuellen Titel „Die Kieferninseln“ vor, der es in diesem Jahr auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis geschafft hat.

(Pressemitteilung ILF St. Ingbert)

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