St. Ingbert in der Literatur

Dass die Besucherzahl im dreistelligen Bereich liegen dürfte, war zu vermuten, als Dr. Dirk Walter auf Einladung des St. Ingberter Literaturforums (ILF) die Anthologie „St. Ingbert – Literatur einer Stadt“ präsentierte. Doch dass Gäste selbst von Merzig oder Sarre-Union in die Stadtbücherei angereist waren, um an diesem Leseereignis teilzuhaben, überraschte doch. ILF-Sprecher Jürgen Bost begrüßte die Zuhörer und führte in den Verlauf des Abends ein, den der Herausgeber souverän moderierte. Zudem führte Prof. Günter Scholdt in die bisherigen Titel der Sammlung Bücherturm, der modernen Klassikerreihe aus der Großregion Saar-Lor-Lux-Elsass ein. Dr. Walter war nicht allein gekommen, sondern hatte gleich fünf der im Band vertretenen Autoren mitgebracht und dazu noch die Schauspielerin Margret Gamper für die Übernahme der weiblichen Stimmen gewinnen können, was das ästhetische Vergnügen bei der Erkundung dieses „Lesebuchs“ noch wesentlich steigerte.
So schlug der regional solide verortete Martin Bettinger mit seinen Romanauszügen aus „Der Himmel ist einssiebzig groß“ Brücken von der saarländischen Heimat zu besonderen menschlichen Begegnungen in fernen Welten bis hin nach Neuseeland, und der ebenfalls die weite Welt seismografisch in seinen Gedichten und Reiseimpressionen auslotende Hans-Guido Klinkner schöpfte aus dem schier unermesslichen Fundus seines literarischen Schaffens und führte das Auditorium mit ausdrucksmächtigen Bildern ins Saarland zurück. Manfred Kelleter schlug nachdenklich kritische Töne an, als er „de ledschde Schmelzer Schorschde“ fallen ließ und verstand es andererseits auch, das Publikum durch ausgesprochen lebensfrohe Akzente zu bezaubern.
Albrecht Zutter, der Gründer des Wassermannverlags, zeigte sich mit seinen Aphorismen und Kurztexten als Meister der feinen Ironie, die die Albernheiten und Unwahrhaftigkeiten der Zeit gekonnt aufs Korn nimmt. Ungebrochene Heiterkeit rief Volker C. Jacoby hervor, einst Part des durch humoristische Sketchs und Songs bekannt gewordenen Duos „Jacoby und Schorsch“, als er die Schrecken des Kirkeler Burgverlieses wahrhaft unter die Haut gehend ausmalte. Den Schlussakzent setzte Klinkner mit seiner eindrucksvollen „Mazurka“, eine bewegenden Erinnerung an seinen Großvater mütterlicherseits, einen Bergmann „auf dem Weg zur letzten Seilfahrt“.
Alle im Werk vertretenen siebzehn Autoren wurden in Bild und Wort vorgestellt, dabei wurde immer wieder spürbar, welche Schätze in dieser bunten Galerie vielfältigster Texte noch zu entdecken sind. Das dankbare Publikum konnte gar nicht genug hören, und es ergaben sich im Anschluss noch zahlreiche vertiefende Nachgespräche. Zum Abschluss der Lesung dankte ILF-Sprecher Jürgen Bost allen Beteiligten für ihre Mitwirkung und kündigte als nächste Veranstaltung des Literaturforums für Mittwoch, den 29. November 2017, eine Lesung mit Marion Poschmann aus Berlin an, die in der St. Ingberter Stadtbücherei ihren humorvollen Roman „Die Kieferninseln“ vorstellen wird, der in diesem Herbst von Kritik und Leserschaft mit gleicher Begeisterung aufgenommen wurde.

Foto: Jürgen Bost
von links nach rechts die Herren Klinkner, Zutter, Kelleter, Walter, Jacoby und Bettinger

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