Programm Kinowerkstatt St. Ingbert vom 1. – 5. Januar 2015

„Timbuktu“ (1. Januar 2015, 20 Uhr; Freitag, 2. Januar, 19 Uhr; Sonntag, 4. Januar, 20 Uhr; Montag, 5. Januar, 20 Uhr)
„Die Brücke – Bernhard Wicki“ (Samstag, 3.Januar, 18 Uhr)
„Das Spinnennetz – Bernhard Wicki“ (Samstag, 3.Januar, 20 Uhr)

„Timbuktu“ – Das Wüste unter dem Himmel

In „Timbuktu“ (Frankreich/Mauretanien 2014) erzählt Abderrahmane Sissako von den Verheerungen, die der Dschihad im subsaharischen Afrika anrichtet. Die Kinowerkstatt zeigt „Timbuktu“, der im Wettbewerb von Cannes Premiere feierte, am 1. Januar 2015, um 20 Uhr, am Freitag, den 2. Januar, um 19 Uhr, am Sonntag, den 4. Januar, um 20 Uhr und am Montag, den 5. Januar, um 20 Uhr.

Der Film „Timbuktu“ ist, nach „Heremakono“ (2002) und „Bamako“ (2005), der dritte nach einer malischen Stadt benannte des Regisseurs Abderrahmane Sissako. Der konkrete Ort ist auch diesmal Ausgangspunkt für allegorische Verallgemeinerungen – schließlich wehen die schwarzen Fahnen der Dschihadisten, die Timbuktu in ihre Gewalt gebracht haben, zurzeit auch andernorts.

Obwohl die Gotteskrieger gleich in der ersten, aus einem Geländewagen gefilmten Einstellung mit Maschinengewehren Jagd auf eine unschuldige Gazelle machen, zeigt Sissako sie nicht als Barbaren. Bornierte, törichte Männer sind das, die Widersprüche – auch die eigenen, inneren – schlecht bis gar nicht aushalten. Wenn die Bevölkerung der besetzten Stadt sich gegen die Anweisungen und Verbote der selbsternannten „islamischen Polizei“ sträubt, haben die Dschihadisten dem zunächst nichts entgegenzusetzen als Achselzucken und frömmelnde Ermahnungen.

Eine leise Ironie geht von diesen ersten Amtshandlungen der Möchtegernpolizisten aus, ein sanfter, aber nicht zu übersehender Zug ins Absurde. Dieselben jungen Männer, die eben noch leidenschaftlich gestritten hatten, ob Zidane oder Messi der bessere Spieler sei, mühen sich im nächsten Moment ab, einen scheinbar herrenlosen Ball dingfest zu machen, der widerrechtlich zwischen den roten Lehmbauten der Stadt umherkullert. Denn Fußball gilt als haram, als sündhaft, wie auch Musik, Zigaretten und lange Hosen.
„Komisch, fast harmlos muten die islamistischen Besatzer in Timbuktu manchmal an, leicht ulkig Sissakos ausgestellte Symbolismen. Aber da ist Berechnung im Spiel – umso härter und unversöhnlicher nämlich trifft einen nachher die Eskalation der Gewalt. Der Gesetzesverstöße müde, wenden sich die Ordnungshüter ans flugs eingesetzte Scharia-Gericht, das gegen den anhaltenden Widerstandsgeist Peitschenhiebe und Steinigungen verschreibt.“ (Nikolaus Perneczky auf filmzentrale.de)

Sissako zeigt die Bewohner Timbuktus als entspannte, stolze Menschen, die tief in ihrer Kultur verankert sind. Dazu gehört ganz selbstverständlich die Musik des Maghreb. Immer wieder sieht man Männer, die selbstvergessen Gitarre spielen, und Frauen, die dazu singen.
Die Geschichte kreist jetzt um einen Viehhirten, der mit seiner Familie außerhalb der Stadt in einem Zelt lebt und aufgrund eines dramatischen Zwischenfalls von einem Scharia-Gericht der Islamisten zum Tod verurteilt wird.
Das furiose Finale von „Timbuktu“ zerfetzt die trancehafte Ruhe des Beginns: In einer rätselhaften Parallelmontage schneidet Sissako schnell zwischen verschiedenen dramatischen Schauplätzen hin und her. Überall rennen Menschen und Tiere, besinnungslose Bewegung überall. Aber niemand kommt irgendwo an.
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Erinnerung an Bernhard Wicki

Zu seinem Todestag erinnert die Kinowerkstatt an den deutschen Regisseur Bernhard Wicki, der am 3. Januar vor 15 Jahren 80jährig starb. Seit Jahren ließ er sich kaum noch öffentlich sehen und war doch im Bewusstsein gegenwärtig für jeden, dem am deutschen Film lag: als Schlüsselfigur, als exemplarischer Einzelgänger, als Patriarch. „Der Film kann die Welt nicht verändern und verbessern, er kann aber Stimmung schaffen“, sagte er.
Am bekanntesten wurde er mit seinem Erstlings-Spielfilm „Die Brücke“, mit dem der Schauspieler Wicki, schon 40-jährig, 1959 unerwartet und unerhört wirkungsvoll als Regisseur hervortrat: Dieses herbe, expressive Kriegsend-Drama und eindringlich realistische Kriegskindergeschichte wurde damals zu Recht rund um die Welt wie zuvor kein Film aus der Bundesrepublik gefeiert.

Dieser Triumph blieb uneinholbar: Wicki, in Österreich und Deutschland aufgewachsener Schweizer mit starkem politisch-moralischem Temperament, führte in den sechziger Jahren bei drei Filmen in amerikanischer Produktion Regie, ohne sich dabei wohl zu fühlen, arbeitete dann wieder in Deutschland, als Schauspieler begehrt, als Regisseur jedoch wegen seiner Strenge gefürchtet und in seinen Möglichkeiten fast immer auf den Rahmen von TV-Koproduktionen begrenzt. Für jüngere Regisseure blieb er als Widerstandskämpfer gegen kommerzielle Routine bis zu seinem letzten großen Film „Das Spinnennetz“ (1989, nach dem Roman von Joseph Roth) ein Vorbild an Eigensinn und Integrität. Die Kinowerkstatt zeigt die beiden Filme: „Die Brücke“ am Samstag, den 3. Januar, um 18 Uhr und „Das Spinnennetz“, in dem Bernhard Wicki selbst mitspielte, am Samstag, den 3. Januar, um 20 Uhr.

Info:
„Die Brücke“ (Bundesrepublik Deutschland 1959, 98 Minuten, FSK 12) Regie: Bernhard Wicki,
mit Folker Bohnet, Cordula Trantow, Michael Hinz, Frank Glaubrecht, Volker Lechtenbrink, Günther Hoffmann, Edith Schultze-Westrum, Wolfgang Stumpf, Günter Pfitzmann, Vicco von Bülow, Heinz Spitzner, Hans Elwenspoek u. a.

„Das Spinnennetz“ (Deutschland 1989, 196 Minuten, FSK 16) nach dem Fortsetzungsroman „Das Spinnennetz“ von Joseph Roth.
Regie: Bernhard Wicki. Darsteller: Ulrich Mühe, Klaus Maria Brandauer, Armin Mueller-Stahl, Agnes Fink, Hans Korte, Hark Bohm, Alfred Hrdlicka, Marquard Bohm, Irm Hermann, Bernhard Wicki u.a.

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