Zu Besuch in „Stiefe Garte“ am 27. Oktober

Eine Veranstaltung des VFG-Verein zur Förderung der Geschichtsarbeit im Saar-Lor-Lux Raum e.V., geführt von Hans-Werner Krick, M.A..

„Stiefe Garte“, so nannten die alten St. Ingberter ihren ersten städtischen Friedhof. Heute ist nicht mehr eindeutig festzustellen, ob sich dieser „Kosename“ auf den früheren Besitzer des Friedhofsareals bezieht oder eine Anspielung auf eine „Marotte“ des Grabmachers und Friedhofswärters Stief ist, der am Friedhofseingang direkt neben seinem Wächterhäuschen zwei kleine Blumengärtchen angelegt und gepflegt hatte. Der neue Gottesacker, der den längst überbelegten Kirchhof rund um die Engelbertskirche ersetzte, ist im Laufe der Jahrhunderte zu einem kleinen Waldpark geworden mit vielen „letzten Ruhestätten“, aber auch zahlreichen ruhigen und erbaulichen Winkeln, die die Lebenden zum Ausruhen einladen. Ein Ort, an dem man mitten im geschäftigen Treiben der Stadt Ruhe und Abstand finden, nachdenken, seine Gedanken schweifen lassen kann oder beim Schlendern durch die Gräberreihen und über die teilweise aufgelassenen Grabfelder zahlreichen Erinnerungen an das „alte St. Ingbert“ begegnet.

Foto: Hans-Werner Krick
„Hinter solchen Türen verbergen sich interessante Details zur Sozialgeschichte St. Ingberts“

Gerade diese Erinnerungsstätten machen den Alten Friedhof zu einem ganz besonderen Ort, zu einem Freilichtmuseum, einem sozialgeschichtlichen Bilder-, Lese- und Erinnerungsbuch. Hier liegen sie (fast) alle begraben, die das Walddorf, den kleinen Marktflecken zur bedeutenden Industriestadt gemacht haben: Die sogenannten „einfachen Leute“ in schlichten Gräbern und die „Prominenz“, die auch nach dem Tod „Standesbewusstsein“ demonstrierte und sich in prächtig-protzigen Grabstätten in exponierter Lage, wie einst im Leben im „besseren Viertel“ bestatten ließ. Und, ganz am Rand, nahe der Friedhofsmauer, die Gräber, die an Ereignisse mahnen, derer man sich nicht mehr ganz so gerne erinnert: an 3 Kriege. Letzte Ruhe- oder Erinnerungsstätten militärischer wie ziviler Kriegsopfer aber auch von Zwangsarbeitern, Zwangsarbeiterinnen und Kriegsgefangenen.

Foto: Hans-Werner Krick
„Hier hat ein St. Ingberter Bildhauer und Steinmetz seiner Familie ein Denkmal gesetzt“

Und mitunter entdeckt man in diesem Museum auch Dinge, die ein ganz eigenes Licht auf die Stadtgeschichte werfen: So dürften sich etwa Oskar Krämer, der letzte Direktor des Eisenwerkes aus der Krämer-Dynastie und Hugo Dullens, der mutmaßliche Gründervater der St. Ingberter Sozialdemokratie, im Leben nie so nahe gewesen sein und nie so viele Gemeinsamkeiten gehabt haben wie im Tode: Sie liegen in unmittelbarer Nachbarschaft bestattet und beider Gräber verfallen allmählich, weil sie kaum noch gepflegt werden.

Erleben Sie bei einem Spaziergang mit Hans-Werner Krick durch „Stiefe Garte“ den Alten Friedhof in St. Ingbert und seine Geschichte einmal ganz anders und entdecken Sie dabei einen Ort, den sie womöglich so noch nicht kannten. Ein Ort, an dem keineswegs Totenstille herrscht, ein Ort, an dem leise Stadtgeschichte spannend erzählt und wieder lebendig wird.

Foto: Hans-Werner Krick
„Fast wie im richtigen Leben: Kraemers Schlösschen“

Sonntag, 27. Oktober 2019, 14.30 Uhr
Zu Besuch in „Stiefe Garte“ – der Alte Friedhof in St. Ingbert
Treffpunkt: Eingang Dr. Schulthess-Straße 2, 66386 St. Ingbert
Dauer ca. 2 ½ Stunden, leichte Wege auch für Rollis und Rollatoren geeignet.
Großer Parkplatz direkt am Treffpunkt
Eine Veranstaltung des VFG-Verein zur Förderung der Geschichtsarbeit im Saar-Lor-Lux Raum e.V., geführt von Hans-Werner Krick, M.A.

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