Begegnungen auf dem Olavsweg

Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Stadtbücherei, als der St. Ingberter Diplom-Sozialpädagoge und Suchtberater Harald F. Gregorius auf Einladung des Literaturforums (ILF) mit vielen stimmungsvollen Aufnahmen sein erstes Buch „Danke, Olav – Einsichten und Begegnungen auf einem Pilgerweg in Norwegen“ präsentierte. Er nahm sein Auditorium mit auf eine faszinierende Wanderstrecke im hohen Norden Europas, die bislang vom Kommerz verschont geblieben ist.
Der Olavsweg, benannt nach dem Wikingerkönig Olav Haraldson (995–1030), ist der noch weitgehend unbekannte Bruder des weltberühmten Jakobswegs, des spanischen »Camino«. Über 643 km und 20.300 Höhenmeter durchwanderte der Autor, selbst kein Profiwanderer, diese so außergewöhnliche skandinavische Pilgerroute zwischen Oslo und Trondheim – seinen »Erstling«. Zu Beginn der Veranstaltung hatte ILF-Sprecher Jürgen Bost in die Besonderheiten Norwegens, 2019 Gastland der Frankfurter Buchmesse, und seine reiche literarische Tradition eingeführt. Er konnte auch verkünden, dass „der Gregorius“ nun auch in einer Übersetzung ins Norwegische vorliegt.

Foto: Jürgen Bost
Harald F. Gregorius

Am Ende seiner Berufstätigkeit wollte Harald F. Gregorius sinnvoll in diesen neuen Lebensabschnitt starten. So packte er einen 17 Kilo schweren Rucksack und machte sich auf nach Norden. Der Camino nach Santiago de Compostela ist allgemein bekannt und wird alljährlich von über 300 000 Pilgern begangen, doch im Vergleich dazu ist der Olavsweg mit einer Frequenz von gerade einmal 2000 Wanderern ein authentischer Geheimtipp. Er ist „anspruchsvoller, schwieriger, ursprünglicher und nicht so sehr kommerzialisiert wie der Jakobsweg“, erklärte der Autor.
Er wanderte immer wieder einmal in Begleitung anderer Pilger, die Menschen, die er traf, beschrieb er als „sehr freundlich und hilfsbereit“. Diese „Gemeinschaft auf Zeit“ lebe von „bedingungslosem Geben und Nehmen“ und einem in kürzester Zeit aufgebauten Vertrauen. So wurde er von Einheimischen zum Essen eingeladen, lernte von ihnen das ein oder andere Wort Norwegisch und bekam von der selbst ernannten „Eiscreme-Lady“ als „97. in der Saison“ ein Eis geschenkt.
Es war für ihn ein Weg zur Reflektion über sich selbst und Anlass zum Überdenken eingefahrener Verhaltensmuster. Jenseits der Komfortzone seines bisherigen Daseins musste sich Gregorius immer wieder auf neue Situationen und Herausforderungen einstellen: „Ich habe gemerkt, dass ich mit ungeheuer wenig auskomme und Not erfinderisch macht.“ Die Unterkünfte seien schlicht, aber zweckmäßig gewesen, Empfang und Service einfach „super. Es gibt oft spezielle, vergünstigte Preise für Pilger. Es herrscht keine Raffgier.“
Ein Höhepunkt war der symbolische Steinhaufen Allmannrøysa auf einer einsamen Hochebene, wo er selbst einen vom St. Ingberter Stiefel mitgebrachten Stein inmitten der anderen Steine platzierte. Ende Juli erreichte Gregorius unter Beifall Einheimischer zusammen mit seinen Begleitern Trondheim und den Nidarosdom, wo er an den Feierlichkeiten anlässlich der Olavsfesttage teilnahm – „eine Zeremonie, die unter die Haut geht“ und auch Anlas zur Traurigkeit bietet: „Ankommen ist der Tod des Pilgers.“
Aus dem Auditorium kamen noch viele Fragen zur Planung und Durchführung einer solchen Pilgerfahrt, und Harald Gregorius gab geduldig Auskunft. Zum Abschluss der Veranstaltung dankte Jürgen Bost dem Autor und kündigte die nächsten ILF-Lesungen an: die Begegnung mit Marcus Imbsweilers Roman “Achtundachtzig” um den tragischen Flugzeugabsturz auf der Ramstein Airbase (30. Oktober 2019), eine szenische Lesung zu Günter Grass in Kooperation mit der Katholischen Erwachsenenbildung (18. November 2019) sowie in Zusammenarbeit mit der Deutsch-polnischen Gesellschaft Saar eine Lesung mit Martyna Bunda , die für ihren Roman „Das Glück der kalten Tage“ für den höchsten polnischen Literaturpreis nominiert wurde (27. November 2019).

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