Der 9. November wird vielfach als Schicksalstag der Deutschen bezeichnet. Auf diesen Tag fällt eine Reihe von Ereignissen, die für die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert als politische Wendepunkte mit teilweise auch internationalen Auswirkungen gelten. Als besonders gravierend gilt der Mauerfall 1989, der letztendlich zur deutschen Einheit führte.
Schon einmal hatte ein 9. November Auswirkung auf die gesamte Republik. 1918 rief Philipp Scheidemann von einem Fenster des Reichstags die Republik aus. Aber der Tag ist nicht nur mit positiven Ereignissen verbunden. Am 9. November 1923 – vor nunmehr 90 Jahren – kommt es in München zum Hitler-Ludendorff-Putsch. Erstmals wurde das Auftreten des Nationalsozialismus international wahrgenommen. Der Putschversuch Adolf Hitlers scheiterte bereits nach wenigen Stunden vor der Münchner Feldherrnhalle, wo es zu 16 Todesopfern kam.
Zum traurigen Höhepunkt kommt es in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 als SA- und SS-Mitglieder, Polizei und Feuerwehr im ganzen Deutschen Reich jüdische Geschäfte und Einrichtungen demolieren und Synagogen in Brand stecken.
Am 75. Jahrestag gedenkt die Stadt St. Ingbert am Samstag, den 9. November 2013 um 15.00 Uhr im Kuppelsaal des Rathauses mit einem geschichtlichen Vortrag von Eva Tigmann zur Reichspogromnacht im Saarland und einer dazu passenden Ausstellung des Adolf-Bender-Zentrums St. Wendel. Die Bevölkerung ist dazu herzlich eingeladen, ein Zeichen zu setzen, damit so etwas nicht mehr passiert.
Hintergrund: Geschichte der Synagoge St. Ingbert
1811 kamen die ersten Juden nach St. Ingbert. In den folgenden Jahrzehnten stieg die Zahl der jüdischen Mitbürger bis auf 77 Personen an. Mitte des 19. Jahrhunderts fanden die Gottesdienste der jüdischen Kultusgemeinde im Haus ihres Vorstandes Wolfgang Kahn statt. Da dieser ab 1875 die Räume selbst für gewerbliche Zwecke benötigte, kündigte er der Gemeinde den bisherigen Synagogenraum und bot einen Bauplatz in der Josefstaler Straße zum Bau einer eigenen Synagoge an. Bereits am 23. April 1875 wurde „die Erbauung einer Synagoge nach Maßgabe des vorgelegten Planes und Kostenvoranschlages genehmigt“ und schon vier Tage später wurden die Bauarbeiten vergeben. Die feierliche Einweihung der neuen Synagoge fand dann am 14. Januar 1876 statt.
Nach der Volksabstimmung am 13. Januar 1935 und der anschließenden Machtübernahme der Nationalsozialisten sank die Zahl der jüdischen Mitbürger in Folge von Emigration so stark, dass das Gemeindeleben zum Erliegen kam. Am 28. März 1936 wurde die Synagoge und das angrenzende Wohnhaus der Stadt St. Ingbert zum Kauf angeboten. Die Stadt kaufte daraufhin am 7. September 1936 die Synagoge zum Preis von 16.500 Reichsmark. Durch den frühen Verkauf an die Stadt blieb der Synagoge, als einer der wenigen in Deutschland, das Schicksal der Reichskristallnacht erspart. Die Stadtverwaltung richtete in dem Gebäude bis 1944 eine Luftschutzschule ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Gebäude kurzfristig wieder als Synagoge. Durch den Vertrag vom 30. März 1949 erfolgte die Rückübertragung an die jüdische Kultusgemeinde Saar, von der es die protestantische Kirchengemeinde 1950 erwarb und nach Umbau und Renovierung seit dem 21. Oktober 1956 zuerst als Jugendheim und später als Amt für Religionspädagogik nutzt. wir / Foto: Stadtarchiv